Wenn Arbeitsvertragsparteien bei Beendigung eines Aufhebungsvertrags eine unwiderrufliche Freistellung für die verbleibende Vertragslaufzeit oder zumindest einen Teil davon vereinbaren, wird dem ausscheidenden Mitarbeiter die vorzeitige Aufnahme einer anderen Tätigkeit möglich, solange sie keine Konkurrenztätigkeit darstellt. Arbeitgeber gehen regelmäßig davon aus, dass Verdienst aus einer solchen anderen Tätigkeit auf die zu zahlende Vergütung angerechnet wird. Dies ist aber nicht automatisch der Fall. Vielmehr ist hinsichtlich der Anrechnung eine ausdrückliche Vereinbarung dringend anzuraten, wie eine neue Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zeigt (BAG Urteil vom 23. Februar 2021 – 5 AZR 314/20).
Doppelt Vergütung bei Aufnahme neuer Tätigkeit während unwiderruflicher Freistellung?
Im entschiedenen Fall schloss der Personalleiter der Beklagten mit dieser einen Aufhebungsvertrag, wonach sein Arbeitsverhältnis gut sechs Monate später enden sollte. Die Parteien vereinbarten eine unwiderrufliche Freistellung sowie eine vorzeitige Beendigungsoption (sog. Turboklausel), durch die der Kläger mit einer Ankündigungsfrist von drei Werktagen ausscheiden und knapp 30 % der wegfallenden Gehälter als Abfindung bekommen konnte. Rund vier Monate vor dem vereinbarten Beendigungstermin nahm der Kläger nach Vorankündigung eine Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber auf, ohne jedoch das laufende Arbeitsverhältnis vorzeitig zu beenden. Seine Klage auf Zahlung der Vergütung und Abgeltung von Resturlaub für diesen Zeitraum war in den ersten beiden Instanzen erfolgreich.
BAG: Vertragsauslegung hilft dem Arbeitgeber
Das BAG hielt zunächst fest, dass eine Anrechnung anderweitigen Erwerbs während einer vereinbarten Freistellung nicht standardmäßig erfolgt – anders als bei einseitiger Freistellung durch den Arbeitgeber, wo die Regelungen des Annahmeverzugs greifen (§ 615 S. 2 BGB). Die Richter halfen dem Arbeitgeber jedoch durch ergänzende Auslegung der konkreten Vereinbarung.
Turboklausel führt zu Anrechnung anderweiten Erwerbs
Aus der vereinbarten vorzeitigen Beendigungsoption und der in diesem Fall zu rund 30 % in eine Abfindung umgewandelten Vergütung leiteten die Richter ab, dass die Parteien zwar die Absicht hatten, finanzielle Nachteile für den ausscheidenden Mitarbeiter zu vermeiden, solange er keine andere Beschäftigung aufnimmt. Bei Aufnahme einer anderweitigen Beschäftigung bestehe aber kein Anlass für eine doppelte Bezahlung. Vielmehr sei Sinn und Zweck der Vereinbarung, dass er bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung die vorzeitige Beendigungsmöglichkeit nutze und immerhin rund 30 % seines wegfallenden Gehalts als Abfindung erhalte. Auch wenn der Mitarbeiter die vorzeitige Beendigungsoption nicht nutze, dürfe der Arbeitgeber den Vergütungsanspruch entsprechend kürzen.
Urlaubsgewährung zu Beginn der Freistellung
Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Urlaubszeitraum im Rahmen der unwiderruflichen Freistellung nicht festgelegt, sondern dem Mitarbeiter überlassen war. Es sei im konkreten Fall davon auszugehen, dass der Resturlaubsanspruch zu Anfang der Freistellung erfüllt werden sollte, ehe der Mitarbeiter ein neues Beschäftigungsverhältnis begründet. Lediglich den Teilurlaubsanspruch für das Folgejahr muss der Arbeitgeber noch abgelten, da er für den entsprechenden Zeitraum keine Anrechnung des Verdienstes aus der neuen Tätigkeit vornehmen durfte.