Nachdem das Bundesarbeitsgericht bereits im Jahr 2019 entschieden hatte, dass arbeitsvertragliche Verfallfristen auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch keine Anwendung finden, hat es mit der heute verkündeten Entscheidung klargestellt, dass auch die dreijährige Verjährungsfrist erst am Ende des Kalenderjahres beginnt, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.
Sachverhalt
Arbeitgeber und Arbeitnehmerin stritten in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt über die Abgeltung von Urlaub. Die Arbeitnehmerin hatte während ihrer 20-jährigen Beschäftigungszeit über 100 offene Urlaubstage angesammelt, deren Abgeltung sie sodann gerichtlich geltend machte. Der Arbeitgeber hatte die Arbeitnehmerin zu keinem Zeitpunkt aufgefordert, ihren Urlaub zu nehmen und ebenso wenig darauf hingewiesen, dass nicht beantragter Urlaub verfallen werde. Im Gerichtsverfahren berief er sich darauf, dass der Urlaub nach § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) verfallen, zumindest aber verjährt sei.
Entscheidung des BAG
Das Bundesarbeitsgericht hat die Einwände des Arbeitgebers zurückgewiesen und der Arbeitnehmerin die geltend gemachte Urlaubsabgeltung zugesprochen.
Dabei bestätigt es zunächst seine bisherige Rechtsprechung, wonach die gesetzlichen Regelungen zum Verfall von Urlaubsansprüchen am Ende eines Kalenderjahres und zum Übertragungszeitraums in das Folgejahr nur dann Anwendung finden, wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist. Er muss dem Arbeitnehmer mitteilen, wieviel Urlaub ihm noch zusteht, ihn auffordern, diesen rechtzeitig zu beantragen und darüber aufklären, dass nicht genommener Urlaub verfällt (abstrakte Angaben wie etwa die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes genügen insofern nicht). Außerdem muss er den Arbeitnehmer in die Lage versetzen, den Urlaub auch tatsächlich zu nehmen.
In einem zweiten Schritt legt das Gericht dar, dass der Urlaubsanspruch auch nicht verjährt, wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nicht nachgekommen ist. Der Arbeitnehmerschutz sei vorrangig gegenüber dem mit der Anspruchsverjährung verfolgten Ziel, Rechtsfrieden und -sicherheit herzustellen.