Kann eine Reduzierung der Entgelte in einer Betriebsvereinbarung (BV) vereinbart werden, und dass ohne Zustimmung des Mitarbeiters (MA)?
Günstigkeitsprinzip
Arbeitsvertragliche Vereinbarungen haben gegenüber der BV Vorrang, soweit sie für den MA günstigere Regelungen enthalten. Die Feststellung, wann die BV für den MA günstiger ist, erfolgt nach einem individuellen Günstigkeitsvergleich.
Betriebsvereinbarung
Gerade in Zeiten der Restrukturierungs- und Sanierungsszenarien können BVs zur Vereinheitlichung genutzt werden. Dies ist gerade seit der Entscheidung des BAG vom 16. November 2011 (Az. 10 AZR 16/11) möglich. Durch verschlechternde BV kann eine arbeitsvertragliche Regelung wirksam – ohne Verletzung des Günstigkeitsprinzips – abgelöst werden, wenn diese den Vorbehalt einer kollektivrechtlichen Abänderung enthält. Sie muss also „betriebsvereinbarungsoffen“ ausgestaltet sein.
Enthält der Arbeitsvertrag eine solche wirksame Klausel, setzt sich die ungünstige Regelung in der BV gegen die arbeitsvertragliche Regelung durch. Eine Kollision liegt nicht vor, da der Vorrang in dieser betriebsvereinbarungsoffenen Regelung bestimmt wurde. Ist dies vertraglich vereinbart, kann mit dem Betriebsrat etwa eine BV zur befristeten Lohnsenkung für die Dauer der Auswirkungen der Corona-Krise geschlossen werden, und dass ohne Zustimmung des MA. Das vereinfacht und beschleunigt die Prozesse.
Ist die Regelung im Arbeitsvertrag nicht klar, nicht vorhanden oder ist eine Vertragsänderung nicht kurzfristig möglich, stellt sich die Frage, wie dies umzusetzen ist. Insofern ist die Entgeltsenkung nur mit Zustimmung des MA umzusetzen. Da der Betriebsrat die BV zur Entgeltsenkung abgeschlossen hat, kann man ihn unterstützend mit einbeziehen. Auch ist denkbar, dass die BV nur auf die MA Anwendung findet, die zugestimmt haben. Verbunden werden kann die Entgeltkürzung in der Krise mit einem neuen Entgeltsystem danach, das für den MA attraktiver ist.