Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) und die Auswirkungen auf das Arbeitsrecht


Angesichts der stetig steigenden Anforderungen an Unternehmen und an die öffentliche Verwaltung plant die Bundesregierung die Einführung eines neuen Bürokratieentlastungsgesetzes (BEG IV), um unnötige Bürokratie abbauen zu können. Welche arbeitsrechtlichen Auswirkungen könnte das haben?

Nachdem das Bundeskabinett am 13. März 2024 den Regierungsentwurf des BEG IV auf den Weg gebracht hat, wurde am 19. Juni 2024 eine vom Bundesminister der Justiz, Dr. Marco Buschmann, vorgelegte Formulierungshilfe zur Ergänzung des Regierungsentwurfs beschlossen. Diese Formulierungshilfe schlägt weitere Änderungen der Regelungen im BEG IV vor, die derzeit im Deutschen Bundestag beraten werden.

Neben Änderungen der Formvorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sind auch einige arbeitsrechtliche Anpassungen geplant. Insbesondere die geplante Änderung im Nachweisgesetz (NachwG) könnte eine erhebliche Erleichterung für Arbeitgeber darstellen. Wie könnte das konkret aussehen?


Arbeitsrechtliche Auswirkungen des BEG IV

1. Geplante Änderungen des NachwG
Durch das BEG IV sollen Formerweiterungen im NachwG erfolgen. § 2 Abs. 1 S. 1 NachwG besagt derzeit, dass der Arbeitgeber die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses schriftlich niederzulegen, zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen hat.

Die geplanten Änderungen sehen vor, dass Arbeitgeber die wesentlichen Vertragsbedingungen alternativ auch in Textform (§ 126b BGB) und elektronisch übermitteln können. Ein PDF-Dokument als E-Mail-Anhang könnte somit ausreichend sein, sofern es individuell an den Arbeitnehmer übermittelt wird und für diesen zugänglich, speicherbar und ausdruckbar ist. Arbeitnehmer müssen uneingeschränkten Zugriff auf die Dokumente haben und einen Empfangsnachweis erteilen.

Die Schriftform (für die eine Unterschrift nötig ist) soll jedoch jederzeit verlangt werden können, auch wenn der Nachweis zuvor in Textform (die nicht unterschrieben werden muss) erteilt wurde. Von der Formerweiterung sollen die Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige nach § 2a Abs. 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz ausgenommen werden.

Die geplanten Erleichterungen im NachwG erlaubt es Unternehmen, Abläufe in ihren Personalverwaltungen zu digitalisieren und somit effizienter zu gestalten.

2. Geplante Änderungen für Arbeitszeugnisse
Gemäß § 630 S. 3 BGB ist die elektronische Form für die Erteilung des Zeugnisses derzeit ausgeschlossen. Die geplante Änderung sieht vor, dass auch die elektronische Form für die Erteilung des Zeugnisses erlaubt werden soll. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass es sich um die elektronische Form gemäß § 126a BGB, die eine qualifizierte elektronische Signatur erfordert.

3. Geplante Änderungen für Altersgrenzenvereinbarungen
Altersgrenzenvereinbarungen, die die Regelaltersgrenze in Bezug nehmen, sind weit verbreitet und bestimmen, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der Regelaltersgrenze endet. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ordnet solche Altersgrenzenvereinbarungen als Befristungen des Arbeitsvertrages ein, weswegen das Schriftformerfordernis für die Befristungsabrede aus § 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) grundsätzlich Anwendung findet.

Durch das BEG IV soll in § 41 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) ein neuer Absatz 2 eingefügt werden, der für Altersgrenzenvereinbarungen eine Ausnahme vom Schriftformerfordernis vorsieht. Künftig soll die Textform gemäß § 126b BGB ausreichend sein.

4. Geplante Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)
Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 AÜG bedarf der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher derzeit der Schriftform. Durch das BEG IV soll das Schriftformerfordernis durch die Textform ersetzt werden, sodass Überlassungsverträge zukünftig beispielsweise auch per E-Mail abgeschlossen werden könnten.

5. Geplante Änderungen bezüglich des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) und des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG)
Der Arbeitgeber ist durch § 16 Abs. 1 ArbZG derzeit verpflichtet, einen vollständigen Abdruck des ArbZG in deutscher Sprache und in der jeweils aktuellen Fassung für den Betrieb auszulegen oder auszuhängen. Gemäß § 47 JArbSchG müssen Arbeitgeber, die regelmäßig mindestens einen Jugendlichen beschäftigen, einen Abdruck des JArbSchG und die Anschrift der zuständigen Aufsichtsbehörde an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsicht auslegen oder aushängen und einen Aushang über Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der Pausen der Jugendlichen an geeigneter Stelle im Betrieb anbringen.

Diese Regelungen sollen dahingehend angepasst werden, dass die jeweiligen Aushangpflichten auch durch elektronische Bereitstellung über die im Betrieb übliche Informations- und Kommunikationstechnik (z. B. Intranet) erfüllt werden können, sofern alle Beschäftigten freien Zugang zu den Informationen haben.

Zudem sollen Unterlagen oder Dokumente im Verwaltungsverfahren, die nach dem JArbSchG schriftlich zu verfassen sind, auch elektronisch angelegt oder übersandt werden können.

6. Geplante Änderungen im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)
Der Anspruch auf Teilzeit während der Elternzeit (§ 15 Abs. 7 Nr. 5 BEEG) sowie der Anspruch auf Elternzeit (§ 16 Abs. 1 BEEG) können derzeit nur in Schriftform geltend gemacht werden. Dieses Schriftformerfordernis soll durch die Textform ersetzt werden.

Die Einführung der Textform (§ 126b BGB) bringt eine erhebliche Entlastung für die Kommunikation zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit sich. Die Textform kann durch die Versendung einer E-Mail und gegebenenfalls deren Beantwortung erfüllt werden. Gleichzeitig wird durch die Textform sichergestellt, dass die Erklärung und ihr Informationsgehalt dauerhaft dokumentiert sind.


Auswirkungen auf die arbeitsrechtliche Praxis

Der Gesetzesentwurf geht in die richtige Richtung und versucht, bürokratische Belastungen abzubauen. Angesichts der Vielzahl an formalen Hürden im Arbeitsrecht ist dieser Ansatz zu begrüßen. Der teilweise Verzicht auf das Schriftformerfordernis sowie die geplanten Änderungen für Aushangpflichten bieten Arbeitgebern bereits erste Erleichterungen.

Besonders die Änderung im NachwG ist sehr zu begrüßen: In dem Gesetzgebungsverfahren der Reform des NachwG wurde die Regelung zum Schriftformerfordernis des Nachweises stark diskutiert. Die elektronische Form ist nach derzeitigem Recht ausdrücklich ausgeschlossen, obwohl Art. 3 der Arbeitsbedingungen-Richtlinie (EU) 2019/1152 (AB-RL) auch die Möglichkeit eines elektronisch verfassten Nachweises vorsieht.

Trotz dessen entschied sich der Gesetzgeber, das Schriftformerfordernis im NachwG beizubehalten, um die Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zugunsten der Arbeitnehmer zu fördern. Dies erschwerte dem Arbeitgeber die praktische arbeitsvertragliche Handhabung, insbesondere auch seit der Corona-Pandemie, in der mobiles Arbeiten immer attraktiver wurde und persönliche Treffen zum Vertragsschluss teilweise nicht stattfanden. In diesen Fällen bietet sich die Textform oder elektronische Form an.

Die nunmehr geplante Änderung im NachwG ist daher sehr zu begrüßen und wird vermutlich die Änderung mit den größten positiven Auswirkungen in der arbeitsrechtlichen Praxis sein.