ESG in der Managementvergütung dank CSRD – Nachhaltige Environmental, Social & Governance-Ziele


Immer mehr Unternehmen verpflichten sich aus Reputationsgründen zu einer „ESG-konformen“ Aufstellung Ihrer Managementvergütung, auch wenn weiterhin in den aktienrechtlichen Vorgaben keine explizite rechtliche Pflicht besteht, ESG-Ziele mit Vergütungsanreizen zu verfolgen. Ein einheitliches „Nachhaltigkeits-Unternehmensrecht“ ist auch weiterhin (noch) nicht kodifiziert. Die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD) und deren gesetzliche Umsetzung zum Juli 2024 werden sich jedoch auf die Marktstandards der Managementvergütung auswirken.

I. Gesetzliche Änderungen zur Vorstandvergütung & Bedeutung

Nachdem die variable Vergütungsstruktur von Vorständen und Geschäftsführern beginnend mit der Finanzmarktkrise 2008 immer mehr ins öffentliche Interesse gerückt ist, erhielt § 87 Abs. 1 S. 2 AktG in den Jahren 2009 und 2019 weitere Ergänzungen. Seitdem sieht das deutsche Aktienrecht für börsennotierte AGs eine Vergütungsstruktur vor, die auf eine langfristige und nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft ausgerichtet ist.

Hintergrund ist, dass die übliche kurzzeitige Ausrichtung der variablen Vergütung Verhaltensanreize gesetzt hat, die eine nur kurzlebige Shareholder-Value-Orientierung gefördert hat. Dabei wurde eine nachhaltig angelegte Corporate Governance vernachlässigt. Eine “mehrjährige Bemessungsgrundlage“ der variablen Vergütung in Managementpositionen soll eine Fokussierung auf kurzfristige Gewinne verhindern, um so unverhältnismäßige Risiken für den langfristigen Bestand des Unternehmens zu vermeiden. Die Angemessenheit der Vergütung sollte mit der Änderung des § 87 Abs. 1 S. 2 AktG durch eine „nachhaltige“ und „langfristige“ Ausrichtung sichergestellt werden.

II. Schrittweise erhöhte Anforderungen an die Vorstandsvergütung

  • Zum Schutz der Anteilseigner sah im Jahre 2009 die gesetzliche Neuregelung des § 87 Abs. 1 S. 2 AktG durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG vom 31. Juli 2009, BGBl. I S. 2509) eine Ausrichtung der Vergütungsstruktur von Vorstandsgehältern in börsennotierten AG an eine „nachhaltige Unternehmensentwicklung“ vor. Die kurzfristige Orientierung der Managervergütung hatte maßgeblich falsche Anreize gesetzt und so zur Finanzmarktkrise beigetragen (BT-Drucks. 16/12278 A/B).
  • Durch die gesetzliche Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) wurde die Norm ab 2020 um eine „langfristige Entwicklung der Gesellschaft“ ergänzt und spezifiziert. Der Aufsichtsrat hat bei Vergütungsanreizen auch soziale und ökologische Gesichtspunkte zu berücksichtigen (BT-Drucks. 19/15153 B. IV., S. 55), eine noch weitere Konkretisierung des Begriffs „nachhaltig“ ist jedoch unterblieben.
  • Im Zuge der EU-Richtlinie 2022/2464 vom 14. Dezember 2022 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD) werden die sog. ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) für eine umweltfreundliche, soziale und gute Unternehmensführung erstmals kodifiziert. Die EU-Vorgabe ist bis 6. Juli 2024 in nationales Recht umzusetzen. Ein Gesetzentwurf für die Umsetzung liegt in Deutschland jedoch noch nicht vor.
    Diese ESG-Berichtskriterien werden damit praktisch auch bereits bei der Vergütungsfestsetzung des Managements eine zunehmende Rolle spielen.

III. Nachhaltigkeit: ESG

Eine gesetzliche Konkretisierung der Nachhaltigkeitsanforderung für die Vorstandsvergütung ist bislang ausgeblieben. Die Praxis verstand es zuvor schon so, dass bei der Vorstandsvergütung neben rein finanziellen Leistungsindikatoren zusätzlich weiche, d.h. soziale und ökologische Kriterien zu berücksichtigen seien. Nichtfinanziellen Kriterien sind etwa:

  • Rohstoff- und Energieeffizienz
  • Investitionen in Entwicklung und Forschung
  • Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit
  • Bildung finanzieller Rücklagen
  • Verbesserung des Risikomanagements

Die sog. drei Säulen der Nachhaltigkeit (ökologische, ökonomische und soziale Ausrichtung) sind inzwischen unter der Abkürzung „ESG“ bekannt und europarechtlich kodifiziert: Die Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD (EU-Richtlinie 2022/2464 vom 14. Dezember 2022) verpflichtet Unternehmen zu einer ab 2024 verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung (ab Berichtsjahr 2024 für besonders große und umsatzstarke Unternehmen, für die übrigen bis 2028 gestaffelt). Die Veröffentlichungspflicht bezieht sich auf die folgenden Kriterien mit Nachhaltigkeitsbezug:

  • Angaben zu den 6 Umweltzielen der EU (Environmental)
    • Klimaschutz
    • Anpassung an den Klimawandel
    • Schutz der Wasser- und Meeresressourcen
    • Übergang zur Kreislaufwirtschaft
    • Bekämpfung der Umweltverschmutzung
    • Erhalt und Wiederherstellung der Biologischen Vielfalt und der Ökosysteme
  • Angaben zu gesellschaftlichen Aspekten (Social)
  • Angaben zu Aspekten der Unternehmensführung (Governance)

Im Rahmen einer verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung werden diese ESG-Kriterien für eine umweltfreundliche, soziale und gute Unternehmensführung auch bereits bei der Vergütungsfestsetzung eine zunehmende Rolle spielen.

IV. Langfristigkeit: „mehrjährig“

Eine feste gesetzliche Vorgabe in Bezug auf Langfristigkeit, also etwa welches Verhältnis von fixer und variabler Vergütung als angemessen gilt, gibt es bislang nicht.
Einzelne variable Vergütungsbestandteile sollen eine „mehrjährige Bemessungsgrundlage“ haben, eine eindeutige Maßgabe dazu hat sich jedoch noch nicht herausgebildet. Empfohlen werden oft drei Jahre, der reine Wortlaut „mehrjährig“ lässt auch nur „zwei Jahre“ zu. Sind Aktienoptionen Teil der variablen Vergütungsstruktur, so ist allerdings § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG zu beachten, nach dem Aktienoptionen erstmals mit einer Wartezeit von vier Jahren ausgeübt werden dürfen.

Das Erfordernis der Mehrjährigkeit schließt short-term incentives (STI) nicht grundsätzlich aus. Das Kriterium einer nachhaltigen Gesamtvergütung kann auch dann erfüllt sein, wenn kurzfristige Anreize im Vergütungssystem mit long-term incentives (LTI) so kombiniert werden, dass das Vergütungssystem insgesamt einer nachhaltigen Entwicklung dient. Klassische Jahresboni oder Provisionen, die unter Berücksichtigung des abgelaufenen Geschäftsjahres gezahlt werden, sind als Teil einer nachhaltigen Vergütungsstruktur damit weiterhin möglich. Wenn etwa schon durch nicht-finanzielle Ziele die langfristige Entwicklung der Gesellschaft gefördert wird, kann die Vorstandsvergütung dazu auch kurzfristige Verhaltensanreize setzen.

Börsennotierte Aktiengesellschaften haben die Pflicht, ein Vergütungssystem aufzustellen, in dem

  • der relative Anteil aller festen und variablen Vergütungsbestandteile, und
  • den Beitrag der (variablen) Vergütung zur Erreichung der Ziele festzulegen,
  • sowie diese Angaben auch im Vergütungsbericht zu machen sind.

Dies soll nach dem Willen des Gesetzgebers ausreichen, damit das Vergütungssystem als Ganzes einer nachhaltigen und langfristigen Entwicklung der Gesellschaft dient.

V. ESG is here to stay

Der Fokus von Unternehmen ist längst nicht nur die kurzfristige Gewinnerzielung oder Aktienpreissteigerung „um jeden Preis“. Inzwischen ist es auch gesetzliche Vorgabe, dass der langfristige Bestand des Unternehmens vom Management sicherzustellen ist. Dies betrifft sowohl Arbeitsmarktkrisen, den Umgang mit Fachkräftemangel und hohen Krankenständen, als auch viele ökologische Herausforderungen wie etwa Auswirkungen der Klimaerwärmung, der De-Karbonisierung der Energiegewinnung und der Verkehrswende.

Ob nun durch geänderte Anforderungen der Kunden, des Marktes, der potentiellen Investor:innen („green funds“) oder „nur“ aus Reputationsgründen, wird jedenfalls „ESG“ auf lange Sicht relevante Kriterien bieten. Immer mehr Unternehmen bekennen sich selbst „freiwillig“ zu (strengen) ESG-Zielen und bemessen variable Managementvergütung an diesen Vorgaben.