Keine Entschädigung des Arbeitgebers wegen Quarantäne ansteckungsverdächtiger Mitarbeitender


Das Verwaltungsgericht Koblenz hat sich in zwei aktuellen Urteilen damit beschäftigt, wer das finanzielle Risiko von Fehlzeiten Mitarbeitender wegen Quarantäne bei Ansteckungsverdacht trägt. Das Gericht lehnte eine Erstattung der Entschädigung für Mitarbeitende in Quarantäne nach dem Infektionsschutzgesetz ab, wenn diese gegen ihren Arbeitgeber einen Anspruch auf Lohnfortzahlung haben (Urteil vom 10. Mai 2021 – 3 K 108/21.KO).

Ausgangssituation: Klage auf Erstattung

Die Parteien stritten um die Erstattung der Entschädigungszahlungen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG). Zwei Mitarbeitende der klagenden Arbeitgeberin mussten sich wegen des Verdachts einer Ansteckung aufgrund einer infektionsschutzrechtlichen Anordnung in Quarantäne begeben. Da die Mitarbeitende in dem hier dargestellten Urteil als Bäckereifachverkäuferin tätig war, konnte sie während der Zeit der Quarantäne (sechs Tage) nicht arbeiten. Sie erhielt wegen des Verdienstausfalls Entschädigungszahlungen von der Arbeitgeberin nach dem IfSG. Die Arbeitgeberin machte mit ihrer Klage eine volle Erstattung der an die Mitarbeitende geleisteten Entschädigung geltend.

Was gilt nach dem Infektionsschutzgesetz, wenn Mitarbeitende in Quarantäne sind und deshalb nicht arbeiten können?

Das Infektionsschutzgesetz sieht bei Verdienstausfalls wegen behördlich angeordneter Quarantäne in der Regel eine Entschädigung in Geld zur Vermeidung von finanziellen Nachteilen für die Mitarbeitenden vor. Diese zahlt zunächst der Arbeitgeber für die Behörde aus und kann sodann Erstattung der Entschädigung beantragen.

Entscheidung des Verwaltungsgerichts Koblenz zur Frage der Erstattung

Das Verwaltungsgericht Koblenz lehnte die Erstattung der von der klagenden Arbeitgeberin an ihre Mitarbeitende gezahlten Entschädigung ab. Das Gericht war der Ansicht, dass die Mitarbeitende keinen Verdienstausfall – der eine Voraussetzung für die Erstattung ist – erlitten habe. Grund hierfür sei, dass die Mitarbeitende für die geltend gemachte Zeit trotz der Quarantäne einen Lohnfortzahlungsanspruch gegen die klagende Arbeitgeberin aus § 616 S. 1 BGB habe.
Die Arbeitgeberin trägt danach also die Kosten für Zeiten, in denen Mitarbeitende trotz Quarantäne einen Lohnfortzahlungsanspruch haben.

Lohnfortzahlungsanspruch bei Quarantäne

Nach § 616 S. 1 BGB haben Mitarbeitende auch dann noch einen Anspruch auf Vergütung, wenn sie für „verhältnismäßig nicht erhebliche“ Zeit unverschuldet wegen eines Grundes in ihrer Person nicht arbeiten können. Der Anspruch war in dem Arbeitsvertrag der Mitarbeitenden nicht ausgeschlossen.
Entscheidend für den Ausgang des Urteils war daher, ob die Länge der Quarantäne noch „verhältnismäßig nicht erheblich“ war. Das Verwaltungsgericht hat dies bejaht und dabei auch das Verhältnis zwischen Dauer der Beschäftigung (hier: deutlich länger als ein Jahr) und Dauer der Quarantäne berücksichtigt. Die Arbeitgeberin müsse jederzeit mit einer Entgeltfortzahlung wegen Krankheit rechnen. Die Lohnfortzahlung wegen Quarantäne sei daher ein kalkulierbares und zumutbares Risiko, das mit einer Krankheit vergleichbar wäre. Das gelte auch während einer Pandemie. Im Regelfall sieht das Verwaltungsgericht Koblenz eine höchstens vierzehntägige Quarantäne bei einer Beschäftigungsdauer von mindestens einem Jahr jedenfalls noch als „nicht erheblich“ lang an.
Der Mitarbeitenden steht nach dem Verwaltungsgericht Koblenz hier also ein Anspruch auf Lohnfortzahlung zu, sodass die klagende Arbeitgeberin für diese Zeit keine Erstattung ihrer Kosten geltend machen kann.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles wurde die Berufung zugelassen. Die Frage, wie lange § 616 S. 1 BGB bei Quarantäne gilt und einer Entschädigung entgegensteht, ist obergerichtlich noch nicht geklärt. Es bleibt abzuwarten, ob das Urteil ggf. auch in der nächsten Instanz hält.