Mutterschutz und Elternzeit auch für Geschäftsführer*innen und Vorstände – Zweites Führungspositionen-Gesetz (FüPoG II)


Nicht nur für Arbeitnehmer*innen, sondern auch für Geschäftsführer*innen und Vorstände gibt es seit über einem Jahr – weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit – die Möglichkeit des Mutterschutzes und der Elternzeit hinsichtlich der Organbestellung, ohne einen – unnötig großen – Einschnitt in ihren Karriereweg zu riskieren. Wie genau setzen interessierte Unternehmen dies um und was genau sollte vorbereitet werden?

Hintergrund: 

Durch die gesetzliche Umsetzung der außerparlamentarischen Initiative #stayonboard im FüPoG II wurden Änderungen im GmbH-Gesetz zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit erlassen:

Zur Absicherung des*der Geschäftsführers*in unter anderem während des Mutterschutzes und der Elternzeit wurden Ansprüche geschaffen:

  • Ein Recht auf Widerruf der Bestellung zum*r Geschäftsführer*in sowie
  • Eine zugesicherte Neubestellung nach Ablauf eines bestimmten Zeitraumes (dieser variiert je nach Anwendungsfall)

Dies gilt jedoch nicht für Einzel-Geschäftsführer*innen, nur in mehrköpfigen Gremien.

I. Mutterschutz

Schwangere werden während der letzten Phase der Schwangerschaft und eine gewisse Zeit nach der Entbindung durch die Regelungen des Mutterschutzes (MuSchG) besonders geschützt. Dies gilt nun auch für Geschäftsführerinnen, sie können den Widerruf der Bestellung für die bekannten Mutterschutz-Zeiträume verlangen:

  • Ab der 6. Woche vor der Entbindung
  • Bis spätestens zum Ende der 8. Woche nach der Entbindung (in Ausnahmefällen 12 Wochen).

Mit Ablauf dieser Schutzfristen besteht zwingend die Pflicht zur Wiederbestellung.

Anders als bei schwangeren Arbeitnehmerinnen, die nur den Zeitraum vor der Geburt (6 Wochen) freiwillig weiterarbeiten dürften, aber nach der Geburt (8 Wochen) ein absolutes Beschäftigungsverbot haben, gibt es für Geschäftsführerinnen die eigene „freie“ Wahl ob und welche Zeiträume in Anspruch genommen werden.

II. Elternzeit

Zur Erinnerung: Während der Elternzeit (maximal 3 Jahre) besteht für Arbeitnehmer*innen ein Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeit. Beide Elternteile können dabei zum Ausgleich des Einkommensverlusts nach verschiedenen Kriterien „Elterngeld“ beziehen – im Wesentlichen nur im ersten Lebensjahr.

Dieser Anspruch auf Elternzeit (für die Dauer von 3 Jahre) gilt jedoch nicht für GmbH-Geschäftsführer*innen oder Vorstände von Aktiengesellschaften. Nach FüPoG II können jetzt allerdings diese Organmitglieder, die zur Elternzeit berechtigt sind, eine Auszeit von der Bestellung bis zu 3 (und bis zu 12) Monaten verlangen:

  • Wer den Widerruf gemäß § 38 Abs. 3 GmbHG beantragt der oder dem muss zugesichert werden, dass die Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu drei Monaten entsprechend dem Verlangen des*der Geschäftsführers*in vorgenommen wird.
  • Der Widerruf der Organbestellung ist jedoch nicht zwingend, sondern kann von der Gesellschaft(erversammlung) verweigert werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt: dann gibt es keine Elternzeit für den*die Geschäftsführer*in.
  • Auch kann der Widerruf darüber hinaus für eine Dauer von höchstens 12 Monaten von dem*der Geschäftsführer*in beantragt werden. Eine solche längere Elternzeit kann jedoch auch ohne wichtigen Grund von der Gesellschafterversammlung oder dem Aufsichtsrat abgelehnt werden. Die Entscheidung über die Verweigerung der längeren Elternzeit muss jedoch im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens ergehen.

Entsprechende Regelungen für AG-Vorstände sind in § 84 Abs. 3 AktG geregelt. Die Auszeit kann nicht nur für „Elternzeit“ in Anspruch genommen werden, sondern auch für AG-Vorstände und Geschäftsführer*innen, in Fällen der Pflege eines Familienangehörigen oder der eigenen Krankheit.

III. Was bedeutet das für das Unternehmen?

Bei Geltendmachung des Anspruchs ist der Widerruf und später auch die Neubestellung zur Eintragung im Handelsregister anzumelden. Die entsprechenden Gesellschafterversammlung(en) sind rechtzeitig einzuberufen.

Eine Verweigerung ist nur mit „wichtigem Grund“ zulässig. Die Rechtsprechung dazu ist abzuwarten, dürfte aber wohl als recht streng (d.h. familienfreundlich) zu erwarten sein.

Kommt das zuständige Organ jedoch dem Widerrufs-Verlangen ohne wichtigen Grund nicht nach, können Geschäftsführer*innen die Auszeit im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erhalten (sog. Leistungsverfügung – trotz Vorwegnahme der Hauptsache). Ein bloßer nachträglicher Schadensersatz würde der Intention des Gesetzes nicht gerecht. Eine Ablehnung der Auszeit(en) erscheint also praktisch kaum realistisch.

Allerdings hat die GmbH-Gesellschafterversammlung bzw. der AG-Aufsichtsrat Ermessen und muss einer gewünschten längeren Elternzeit oder einer nachträglichen Verlängerung von 3 auf 12 Monaten nicht zustimmen.

IV. Was bedeutet der Widerruf für die Personen und deren Organpflichten?

Der Widerruf hebt die Organstellung der Vorstände bzw. Geschäftsführer*innen auf, somit entfallen auch alle damit einhergehenden Pflichten. Wichtig ist, dass es sich dabei um einen Widerruf der Bestellung und nicht der Anstellung handelt. Es fehlen gesetzliche Rechtsfolgen der Auszeit für den Anstellungsvertrag so dass die Parteien hier selbst vertragliche Folgen regeln sollten.

(Neben‑)Pflichten aus dem Anstellungsvertrag – beispielsweise Verschwiegenheitspflichten oder etwaige Wettbewerbsverbote –, die keine gesetzlichen Organpflichten sind, bleiben also bestehen. Eine Haftung des*der Geschäftsführers*in für Pflichtverletzungen, die nach dem Widerruf und vor der Wiederbestellung begangen wurden, ist ausgeschlossen. Für Pflichtverletzungen vor dem Widerruf haftet der*die Geschäftsführer*in trotz Widerruf der Organstellung, es sei denn, es wurden zulässige Haftungsvereinbarungen – beispielsweise Modifizierungen des § 43 GmbHG durch die Satzung – geschlossen. Der Zeitraum der Auszeit wird nicht auf die ursprünglich vereinbarte Amtszeit angerechnet, so dass der Wiedereinstieg gesichert ist, ohne eine Verkürzung befürchten zu müssen.

 PS: Das zweite Führungspositionen-Gesetz (FüPoG II) vom 7. August 2021 legte darüber hinaus ein Mindestbeteiligungsgebot für Frauen in Vorständen fest, nachdem das FüPoG I im Jahre 2015 die sog. Flexiquote eingeführt hatte. Danach konnte die Zielvorgabe auch 0% Frauenanteil umfassen, nur börsennotierte und zugleich paritätisch mitbestimmter Unternehmen hatten 30% zu erfüllen.