Strafbewehrte Chemieexperimente eines Laboranten in seiner Freizeit begründen bei fehlendem Tätigkeitsbezug keine außerordentliche Kündigung


Anders als im öffentlichen Dienst rechtfertigen außerdienstlich begangene Straftaten eine fristlose Kündigung im Bereich der Privatwirtschaft nur dann, wenn ein unmittelbarer Bezug zum Arbeitsverhältnis vorliegt (LAG Düsseldorf, Entscheidung vom 12. April 2018 – 11 Sa 319/17).

Kündigung des Klägers aufgrund einer Verurteilung wegen Sprengstoffvergehens

Der Kläger war seit 1991 als Chemielaborant im Qualitätsanalysebereich im Unternehmen der Beklagten tätig. Im Sommer des Jahres 2016 fand die Polizei im Rahmen einer Durchsuchung seiner Wohnung chemische Stoffmischungen und Betäubungsmittel, woraufhin sich in dem sodann eingeleiteten Strafverfahren offenbarte, dass der Kläger zum Zeitvertreib eine Sprengvorrichtung vorbereitet hatte, die er an einem Baum befestigen und hatte zünden wollen. Nachdem der Arbeitgeber durch Presseberichte von der Verurteilung des Klägers wegen des Versuchs eines Sprengstoffvergehens erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis außerordentlich.

Fristlose Kündigung nur bei hinreichendem Tätigkeitsbezug des Vergehens

In seiner Entscheidung über die gegen die fristlose Kündigung gerichtete Kündigungsschutzklage stellte das LAG Düsseldorf fest, dass ein privatwirtschaftliches Arbeitsverhältnis aufgrund einer außerdienstlichen Straftat nur dann fristlos gekündigt werden kann, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zu den konkreten Arbeitspflichten des Arbeitnehmer und seiner Stellung im Betrieb vorliegt. Hieran fehlte es im vorliegenden Fall.

Weder verhaltens- noch personenbedingte Kündigung gerechtfertigt

Die vorgetragenen Tatsachen reichten weder für eine verhaltensbedingte Kündigung noch für eine personenbedingte Kündigung aus. Zwar stellten sowohl das Entwenden von Chemikalien als auch das Herstellen von Sprengstoff in den Betriebsräumen des Arbeitgebers einen wichtigen Grund „an sich“ i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB dar, allerdings habe der Kläger die Sprengung außerhalb seiner Arbeitszeit und nicht an seinem Arbeitsort ausführen wollen. Über bloße Vermutungen hinausgehende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Chemikalien gerade aus dem Bestand des Arbeitgebers entwendet habe, seien nicht ersichtlich. Das konkrete Fehlverhalten des Arbeitgebers lasse auch seine Eignung bzw. Zuverlässigkeit in Hinblick auf seine betriebliche Tätigkeit nicht entfallen, weil Sprengungen nicht zu dem Aufgabenbereich des Klägers im Rahmen seiner Labortätigkeit gehören, bei welcher er vornehmlich mit der Herstellung und Überprüfung von Silikonprüfplatten betraut ist.