Die Bundesregierung plant mit dem Unfallversicherungs-Weiterentwicklungsgesetz Anpassungen bei der gesetzlichen Unfallversicherung. Der geschützte Personenkreis und geschützte Tätigkeiten sollen erweitert werden. Dies stößt sowohl auf Zustimmung als auch Ablehnung bei den beteiligten Verbänden. Der folgende Beitrag soll daher einen Blick auf die gesetzliche Unfallversicherung werfen und aufzeigen, mit welchen Änderungen zu rechnen ist.
Das Bundeskabinett hat am 28. August den Entwurf des Gesetzes zur Weiterentwicklung der gesetzlichen Unfallversicherung (UV-Weiterentwicklungsgesetz) beschlossen. Damit gehen weitere Änderungen des Siebten Sozialgesetzbuches (SGB VII) einher. Geplant ist unter anderem ein erweiterter Versicherungsschutz für Krisenhelfer, eine Erstreckung des Schutzes auf umgangsberechtigte Personen und ein erweiterter Schutz für Studierende. Der Gesetzesbegründung zufolge sollen u.a. Unbilligkeiten beseitigt und Schutzlücken geschlossen werden. Der folgende Beitrag soll diese Änderungen unter Bezugnahme auf das bisher geltende Recht aufzeigen.
Das Bundeskabinett hat am 28. August den Entwurf des Gesetzes zur Weiterentwicklung der gesetzlichen Unfallversicherung (UV-Weiterentwicklungsgesetz) beschlossen. Damit gehen weitere Änderungen des Siebten Sozialgesetzbuches (SGB VII) einher. Geplant ist unter anderem ein erweiterter Versicherungsschutz für Krisenhelfer, eine Erstreckung des Schutzes auf umgangsberechtigte Personen und ein erweiterter Schutz für Studierende. Der Gesetzesbegründung zufolge sollen u.a. Unbilligkeiten beseitigt und Schutzlücken geschlossen werden. Der folgende Beitrag soll diese Änderungen unter Bezugnahme auf das bisher geltende Recht aufzeigen.
Die gesetzliche Unfallversicherung hat es zur Aufgabe, Versicherungsfälle (Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten) und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten, nach einem Versicherungsfall die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Versicherten wieder herzustellen und die Versicherten oder ihre Hinterbliebenen durch Geldleistung zu entschädigen. Ansprüche auf Leistungen der Unfallversicherung richten sich nach dem Sozialgesetzbuch (SGB VII). Zweck der Unfallversicherung ist also der soziale Schutz vor Gesundheitsrisiken vor allem des Arbeitslebens.
Der Kreis der versicherten Personen ergibt sich aus dem Gesetz (§ 2 SGB VII), Satzung (§ 3 SGB VII) oder aus einem freiwilligen Beitritt (§ 6 SGB VII). Versichert sind insbesondere Arbeitnehmer und Auszubildende, darüber hinaus aber auch Personen, die im Interesse der Allgemeinheit tätig werden (Mitarbeiter in Hilfsorganisationen, Blutspender); Kinder, die in Kindertageseinrichtungen betreut werden, Schüler und Studierende in Schulen und Hochschulen sowie mitarbeitende Familienangehörige in landwirtschaftlichen Betrieben.
Als Träger der Versicherung fungieren die jeweiligen Berufsgenossenschaften, Unfallkassen und Gemeindeunfallversicherungsverbände.
Die Finanzierung hingegen erfolgt in einem nachträglichen Umlageverfahren durch Beiträge, die allein von den Mitgliedsunternehmen getragen werden. Der Versicherungsschutz ist für die Versicherten selbst also in der Regel beitragsfrei. Leistungsempfänger sind hingegen die Versicherten und ihre Hinterbliebenen nach Eintritt eines Versicherungsfalls.
Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung sind Sachleistung, z.B. Heilbehandlungsmaßnahmen einschließlich der medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen bei Pflegebedürftigkeit und Geldleistungen. Darüber hinaus sind im Falle des Todes eines Versicherten auch Leistungen an Hinterbliebene zu erbringen, u.a. haben sie einen Anspruch auf Sterbegeld, auf Erstattung der Überführungskosten und Hinterbliebenenrente, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist.
Die Regierungsparteien haben im Koalitionsvertrag vereinbart, den „Sozialstaat auf die Lebenswirklichkeit unserer Zeiten auszurichten“. In der gesetzlichen Unfallsversicherung habe sich in Zeiten multipler Krisen und einer veränderten Lebens- und Arbeitswelt ein veränderter Schutzbedarf ergeben. Diesen soll das UV-Weiterentwicklungsgesetz entgegentreten.
Krisenhelfer sind nach bestehender Rechtslage bei Tätigkeiten im unmittelbaren beruflichen Umfeld im In- und Ausland nach § 2 Abs. 3 S. 1 SGB VII versichert. Darüber hinaus erstreckt sich der Versicherungsschutz gemäß den Sätzen 2 und 3 auch auf Unfälle und Krankheiten in Folge von Verschleppung und Gefangenschaft. Zudem können auch Krankheiten und Unfälle bei (privaten) Verrichtungen dem Versicherungsschutz unterfallen, wenn sie auf gesundheitsschädigenden oder sonst vom Inland wesentlich abweichenden Verhältnissen beruhen. Aufgrund ihres Engagements im Interesse Deutschlands sollen nicht nur bei der versicherten Tätigkeit im engeren Sinne, sondern auch bei sonstigen privaten Verrichtungen unfallversicherungsrechtlich geschützt sein. Bisher galt dieser Schutz jedoch nur für die Gruppe der Sekundierten und öffentlich beurlaubten Beschäftigten in einem internationalen Einsatz.
Nunmehr sollen die Sätze 2 und 3 dahingehend geändert werden, dass dieser erweiterte Unfallversicherungsschutz im Ausland allen im Gesetz benannten Krisenhelfern, die sich in vergleichbarer Weise für die Interessen Deutschlands engagieren, zugutekommt. Auch wird klargestellt, dass sich der Schutz auch auf private Verrichtungen bezieht. Lediglich eine Erweiterung auf Entwicklungshelfer (Abs. 3 S. 1 Nr. 2a) soll unterbleiben, da diese bereits einen erweiterten Schutz aus § 10 Entwicklungshelfergesetz genießen.
Durch die Neuregelung werden die in § 2 Abs. 3 SGB VII benannten sieben Krisenhelfergruppen nunmehr vereinheitlicht.
Da das bisherige Tatbestandsmerkmal „Gründe, die er nicht zu vertreten hat“ zu einem Ausschluss der Versicherung bei jedem fahrlässigen Verhalten des Versicherten führte, soll dieses nun gestrichen werden und der Schutz nur bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz abgelehnt werden.
Eltern sind unfallversichert, wenn sie ihre Kinder auf dem Weg zur Arbeit (§ 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 a)) oder aus dem Homeoffice (Nr. 2a) zur Kita bzw. Schule bringen oder sie dort abholen. Getrenntlebende Elternteile oder neue Lebenspartner sind hierbei hingegen nicht geschützt.
Der Wegeversicherungsunfallschutz soll in Zukunft an das Umgangsrecht im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs geknüpft sein. Die geplante Änderung sieht daher eine Erweiterung des Schutzes auf Personen vor, die Inhaber des gesetzlichen Umgangsrecht nach §§ 1684, 1685 der 1686a BGB sein können, ohne dass ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind erforderlich ist. Dadurch sollen neben getrenntlebenden Eltern, Großeltern und Geschwistern auch enge Bezugspersonen, die in einer sozial-familiären Beziehung mit dem Kind leben, einbezogen werden.
In Hinblick auf Studierende erfolgt in § 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII eine doppelte Änderung: Sowohl die versicherte Tätigkeit als auch der Kreis der Versicherten wird vergrößert.
Bisher umfasst der Versicherungsschutz Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen. Studierende sind geschützt, wenn sie ihre Studien- und Prüfungsleistungen innerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereiches der Hochschule i.S.d § 15 HRG erstellen. Das SGB VII regelt in seiner bisherigen Fassung nicht explizit, ob und wie weit sich der Versicherungsschutz von Studierenden im Zusammenhang mit der Erstellung von Pflichtarbeiten auch auf Tätigkeiten außerhalb der Hochschule erstreckt.
Daher soll die Regelung in Buchstabe c) um Tätigkeiten ergänzt werden, „die für die Erbringung der vorgeschriebenen Studien- und Prüfungsleistungen nach § 15 Absatz 3 des Hochschulrahmengesetzes erforderlich und aufgrund ihrer Eigenart außerhalb der Hochschule auszuführen sind und die in einer im Einzelfall erfolgten Absprache mit der Hochschule durchgeführt werden“.
Für einen konsequenten Versicherungsschutz wird nun klargestellt, dass Studierende bei einer hochschulrechtlichen Anbindung einer Tätigkeit auch außerhalb des räumlichen Bereichs der Hochschule geschützt sind, weil der organisatorische Verantwortungsbereich nicht mit dem räumlichen Organisationsbereich gleichzusetzen ist. Aus Gründen der Gleichbehandlung und Einheitlichkeit werden zudem nicht nur die Studienarbeit, sondern alle in der Studien- und Prüfungsordnung verpflichtend vorgeschriebenen Studienarbeiten (Leistungsnachweise i.S.d. § 14 HRG) in den Versicherungsschutz einbezogen.
Die Erstellung der Studienarbeiten in der häuslichen Umgebung bleibt wie bisher vom Versicherungsschutz ausgenommen, da auch das allgemeine Lernen der Studierenden während der gesamten Studienzeit als private Tätigkeit zu bewerten ist.
Es herrschte bisher Uneinigkeit darüber, ob auch besonders begabte Schüler (sog. „Früh- oder Jungstudierende“) an deutschen Hochschulen ebenfalls vom Versicherungsschutz umfasst sind. Daher ist zur Klarstellung ein neuer Buchstabe d) geplant, der auch Früh- und Jungstudierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen in den Schutz einbezieht, wenn sie immatrikuliert sind oder in sonstiger Weise förmlich zugelassen.
Dadurch erfolgt eine Vereinheitlichung des Versicherungsschutzes auch für besonders begabte Schüler (sog. „Früh- oder Jungstudierende“) an deutschen Hochschulen, indem diese grundsätzlich im Falle einer förmlichen Zulassung bei der Ausübung des Studiums unter Versicherungsschutz stehen.
Gemäß § 64 Abs. 1 SGB VII wird für den dort erfassten Personenkreis ein Sterbegeld in Höhe von einem Siebtel der Bezugsgröße gewährt.
Die neue Regelung sieht eine Erhöhung des Sterbegelds auf zwei Siebtel der Bezugsgröße vor.
Ziel des Sterbegeldes ist es, dass damit die üblichen Ausgaben für eine Beerdigung geleistet werden. Durch die Erhöhung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Gesamtkosten einer Beerdigung enorm gestiegen sind.
Zudem soll gem. dem neu eingefügten § 136c SGB VII ein bundeseinheitliches Verzeichnis aller Betriebsstätten geführt werden. Dieses Verzeichnis soll eine nicht abschließende Auflistung der einem Unternehmen zuzuordnenden Betriebsstätten und Besichtigungsorte enthalten.
Durch die Errichtung dieses Verzeichnisses soll die Arbeit der Arbeitsschutzbehörden der Länder und der Präventionsabteilungen der Unfallversicherungsträger unterstützt und verbessert werden.
Die geplanten Änderungen zur Unfallversicherung führen zu einer weiteren Ausweitung des geschützten Personenkreises und versicherter Tätigkeiten.
Der Entwurf vereinheitlich den Schutz von Früh- und Jungstudierende. Diese werden je nach Landesgesetzgebung an den Universitäten immatrikuliert oder z.B. als Gasthörer zugelassen. Der Versicherungsschutz der Studierenden knüpft jedoch an die Immatrikulation an, so dass nur der Kreis der immatrikulierten Studierenden geschützt war. Durch die geplante Änderung werden Früh- und Jungstudierende nur einheitlich abgesichert.
Die Neuregelung trägt den tatsächlichen familiären Realitäten und dem erhöhten Maß von Verantwortungsübernahme der neu einbezogenen Personen Rechnung. Es sollen insbesondere auch getrenntlebende Elternteile den gleichen Schutz durch die Unfallversicherung erfahren wie der mit dem Kind zusammenlebende Elternteil.
Dem kann kritisch entgegengehalten werden, dass sich durch diese Ausweitungen immer mehr vom Grundgedanken der Haftungsablösung in der Unfallversicherung abgekehrt wird. Schließlich ist es der ursprüngliche Gedanke der gesetzlichen Unfallversicherung, die zivilrechtliche Haftung der Unternehmer gegenüber ihren Beschäftigten durch die von den Arbeitgebern finanzierte Unfallversicherung abzulösen.
Der Versicherungsschutz erfährt somit eine Ausweitung auf Bereiche, die nicht der Verantwortungssphäre der Arbeitgeber zuzuordnen sind. Risiken, die eigentlich von anderen Sozialversicherungszweigen oder privaten Versicherungen abzusichern sind, werden dadurch auf die gesetzliche Unfallversicherung umgelagert, welche ausschließlich durch Beiträge von Unternehmen finanziert wird.
So wird entgegen dem eigentlichen Gedanken der Unfallversicherung, arbeitsbedingte Unfälle abzusichern, im Zusammenhang mit Krisenhelfern der neue Grundsatz geschaffen, dass private Tätigkeiten ausdrücklich geschützt sind. Damit wird sich jedoch noch mehr von der Idee der Haftungsablösung entfernt.
Auch die Erweiterung des Personenkreises, der auf Wegen zur Schule und Kita geschützt sein soll, führt zu einer Haftung für Unfälle, die nicht im Verantwortungsbereich der Arbeitgeber liegen. In der Praxis ergeben sich daraus zudem Abgrenzungsfragen, da insbesondere der Kreise der „engen Bezugsperson“ nach § 1685 Abs. 2 BGB nicht immer einwandfrei identifizierbar ist. Zudem bestehen Unklarheiten darüber, welche Wege bei diesen Personen versichert sein sollen, wenn diese Personen nicht mit dem Kind in einem Haushalt leben.